ES KÖNNTE SO EINFACH SEIN … !

Eine der wichtigsten Voraussetzung, damit Menschen überhaupt am beruflichen und gesellschaftlichen Leben teilnehmen können ist die Mobilität.

Ohne Mobilität geht in unserer Welt überhaupt nichts. Dies ist auch für Menschen ohne Handicap in der Regel kein Problem. Sie steigen – falls verfügbar – in ihr Auto und fahren zu jeder Zeit dorthin, wohin sie möchten bzw. müssen. Für Menschen mit einem Handicap, also einer Behinderung, sieht diesbezüglich die Welt schon ganz anders an.

Für Menschen, die zwar in irgendeiner Form behindert sind, sich aber noch bewegen können, stellt nicht nur ihre eigene Eingeschränktheit ein großes Problem da, sie stehen vor allem vor großen Herausforderungen, wenn sie den öffentlichen Nah- und Fernverkehr nutzen möchten oder müssen.

Am 07.12.1835 fuhr der erste Zug von Fürth nach Nürnberg. Das ist bekannt und nichts Neues. Alles was danach kam an Schienen, Bahnhöfen und Bahnsteigen baute auf diesen ersten Schritt auf – also heute mehr als 180 Jahre. Das wir uns heute mit dem Thema „Behinderung“ und „Inklusion“ so aktiv beschäftigen ist im Verhältnis „relativ“ neu. Von daher macht es wenig Sinn alles was heute nicht so wünschenswert ist in Frage zu stellen und zu fordern, dass von heute auf Morgen alles geändert werden muss. Allerdings, so ein paar Dinge sind schon recht merkwürdig.

Nun weiß ich aus eigener Erfahrung, dass die Deutsche Bahn und auch die öffentlichen Verkehrsbetriebe der Städte mehr oder weniger beratungsresistent sind oder, wie ich es immer höre, mit so vielen „Fachleuten“ zusammen arbeiten, dass alle noch so simplen Hinweise spätestens an der Telefonzentrale bzw. in der Poststelle hängen bleiben.

Aber, den Finger kann man ja mal erheben dürfen.

Schauen wir uns beispielsweise einmal den Bahnhof in Dortmund an. „Dortmund Hauptbahnhof“ ist der bedeutendste Bahnhof der Stadt Dortmund und steht mit täglich rund 130.000 Reisenden auf Platz elf der meistfrequentierten Fernbahnhöfe der Deutschen Bahn. Der Kreuzungsbahnhof am nördlichen Rand der Innenstadt besitzt 16 Bahnsteiggleise und gehört zu den 21 Bahnhöfen der höchsten Bahnhofskategorie 1 der DB Station&Service.“ – so ist es auf WIKIPEDIA zu lesen. Im neuen Jahrtausend wurde der Bahnhof umgebaut. So heißt es hier weiter unter dem Stichwort „Umbau und Sanierung“: Am 17. Juni 2011 wurde die erste Bauphase formal abgeschlossen. Von den Gesamtkosten in Höhe von 23 Millionen Euro trugen der Bund 13,3 Millionen Euro, das Land 1,4 Millionen Euro sowie die Deutsche Bahn 8,3 Millionen.

Dies klingt ja zunächst recht attraktiv. Es stimmt auch, dass die Eingangshalle schön hell und übersichtlich geworden ist. Es gibt neue große Fenster und der Fußboden hat sogar ein Blindenleitsystem. Allerdings hat man an einigen anderen, wesentlichen Dingen augenscheinlich nicht gedacht.

Über dem Eingangsbereich des Reisezentrums hängt der Abfahrtplan. Diese Tafel ist wirklich sehr gut und informativ. Man sieht auf einem Blick, wann der nächste Zug kommt, von was für einem Bahnsteig er abfährt und ob man sich noch einen Kaffee trinken kann, weil dieser möglicherweise eine Verspätung hat. Also – richtig gut. Voraussetzung dies alles zu erfahren ist allerdings, dass man ihn lesen kann. In Dortmund hängt diese Plan in etwa fünf bis acht Meter Höhe. Also, vollkommen uninteressant für Menschen, die nicht gut schauen können. Das man diese Tafel unter die Decke gehangen hat, ist ja aus Platzgründen vielleicht noch nachvollziehbar, die Frage ist nur, warum man im Eingangsbereich zumindest nicht eine Standtafel für die An- und Abfahrtzeiten aufgestellt hat, davon gibt es in Köln, Hannover und anderen Bahnhöfen an jeder Ecke einen.

Den Besuch im Reisezentrum kann man sich als Mensch mit einer Sehschwäche oder Blindheit komplett sparen. Man muss sich eine Nummer ziehen, um zu sehen, wann man an der Reihe ist und welchen Schalter man aufsuchen darf. Allerdings muss man dazu in der Lage sein, diese Auskunft von einem kleinen Flachbildschirm lesen zu können. Dazu sind sehr viele Menschen gar nicht in der Lage und, eine akustische Ansage gibt es hier nicht.

Wenn man sich nun mühsam durch den Auskunftsdschungel durchgearbeitet hat sucht man seinen Bahnsteig. In Dortmund sind, wie in vielen anderen Bahnhöfen, die Bahnsteige nicht aufsteigend durchnummeriert. In Dortmund beispielsweise gibt es die Bahnsteige: 2, 3, 4, 5 im Kopfbereich und dann geht es weiter mit 6, 7, 11, 16, 21, 23 usw. Bisher konnte mir noch niemand erklären, warum die Bahnsteige nicht einfach durchnummeriert sind. Also: 1, 2. 3, 4, 5, 6, usw. Ich bin mir sicher, dass es dafür einen Grund gibt. Aber – warum muss das so bleiben. Es macht doch aus heutiger Sicht überhaupt keinen Sinn. Noch abenteuerlicher ist es beispielsweise in Koblenz. Da gibt es die Bahnsteige: … 3, 4, 104, 105, 6, 7 usw. Da muss man schon gut Zufuß sein, um alle Bahnsteige ablaufen zu können, bis man seinen passenden gefunden hat.

Nun soll es in Dortmund noch eine zweite Bauphase geben, in dem der Tunnel zu den einzelnen Bahnsteigen saniert wird. Dies soll 2017 beginnen. Man kann sehr gespannt sein, ob man dann wenigstens die Aufgänge zu den einzelnen Bahnsteigen markiert und vor allem einmal darauf verzichtet, die Fahrpläne nicht mehr mit einer Schrift von weniger als einem halben Zentimeter auf einem grünen Papier zu drucken, wobei die Abfahrzeiten der ICE‘s zusätzlich noch in einer rötlichen Farbe sind. Dies kann man schon als Normalsichtiger kaum erkennen. In Dortmund und in einigen anderen Bahnhöfen hat man dem ganzen noch eine zusätzliche interessante Ratevariante eingebaut, in dem man den Fahrplan hinter einer Glasscheibe von circa fünf Zentimeter Entfernung angebracht hat. Selbst dann, wenn man mit seiner Lupe diese Entfernung überbrücken kann, dann hängt man mit seiner Nase so weit vor der Scheibe, dass sie durch den eigenen Atem beschlägt und man wieder nichts lesen kann. Auf diese interessante Suchvariante legen allerdings auch andere Verkehrsbetriebe sehr viel Wert und mögen es sehr. So z. B. auch die Dortmunder Stadtwerke bei ihren Fahrplänen der Straßenbahn.

Alles-in-Allem; das man in Dortmund nach dem ersten Umbau darauf verzichtet hat, eine Toilettenanlage zu bauen, die man nicht nur benutzen kann, wenn man gut Zufuß ist, sondern auch als Gehbehinderter oder als Reisender mit einem Kinderwagen, mag man ja noch aus Kostengründen nachvollziehen können, wobei es heutzutage kaum noch verständlich ist. Wir sprechen aber hier nicht über große Umbau- oder Sanierungsarbeiten, sondern über ganz einfache optische und akustische Signale – mehr nicht.

Es könnte so einfach sein … !